Platzspitz
Ende der 1980er-Jahre wurde ein kleiner Park beim Zürcher Hauptbahnhof, direkt hinter dem Schweizer Landesmuseum, zum berühmt-berüchtigten Treffpunkt von Dealern und Drogensüchtigen: der Platzspitz. Täglich hielten sich bis zu 3000 Menschen beim Platzspitz auf, kauften und konsumierten Drogen und hausten auch dort. Und zwar unter schlimmsten Bedingungen.
Das Elend der offenen Drogenszene, inmitten einer der reichsten Städte der Welt, rief auch im Ausland Fassungslosigkeit und Abscheu hervor. Aufgrund des immer grösser werdenden Drucks durch Öffentlichkeit und Politik wurde der Platzspitz schliesslich anfangs 1992 geräumt. Die offene Drogenszene und damit auch das Elend verlagerten sich darauf zum nahegelegenen ehemaligen Bahnhof Letten und in die umliegenden Wohnquartiere.
Erst die Schliessung des Lettens am 14. Februar 1995, verbunden mit einer neuen, national koordinierten Drogenpolitik, führte zu einer spürbaren Entspannung der Drogensituation in Zürich und zu einer Besserung der Lebensumstände der Süchtigen.
«Es war wie im wilden Westen»
– Anonym
Dies heisst nun allerdings nicht, dass der Drogenkonsum zurückgegangen wäre; er ist indessen weniger sichtbar als zu Platzspitz-Zeiten. Die Palette konsumierter Substanzen hat zugenommen, nebst den „traditionellen“ Drogen Haschisch, Heroin, Kokain, Marihuana und LSD werden in der Partyszene Ecstasy, Amphetamine (Speed), Psilo-Pilze, Methamphetamine, K.o.-Tropfen und andere Substanzen konsumiert.
Schätzungen gehen davon aus, dass gegen eine Million Menschen, also etwa 12% der Schweizer Bevölkerung, schon illegale Drogen konsumiert hat, wovon etwa ein Drittel dies mindestens wöchentlich tut. Der Anteil der KonsumentInnen illegaler Drogen an der Street Parade wird mit 5 bis 10% geschätzt, was allerdings weit hinter dem exzessiven Konsum von Alkohol und Medikamenten an diesem Anlass zurückliegt. Zürich gilt europaweit als eine Metropole sowohl des Koksens als auch des Ecstasy-Konsums.
Die Zahl der KonsumentInnen harter Drogen in der Stadt Zürich wird auf 4’500 geschätzt; im Unterschied zu den HeroinkonsumentInnen auf dem Platzspitz und am Letten sind sie aber zumeist sozial und beruflich integriert. Zwar hat sich seit der Letten-Räumung keine grosse offene Drogenszene mehr gebildet, verdeckte Szenen gab und gibt es aber immer wieder, so in den späten 90er Jahren an der Kreuzung Langstrasse-Dienerstrasse, später auch wieder auf dem Platzspitz, beim Bahnhof Oerlikon, an der Konradstrasse („Haschgasse“) oder um die sogenannten „Gammelhäuser“ an der Neufrankengasse. Wie beim Alkohol korreliert auch bei anderen Drogen die mediale und politische Aufmerksamkeit also keineswegs mit der quantitativen Verbreitung ihres Konsums.
«Hätte der Platz nicht geschlossen, wäre ich gestorben.»
– Anonym